Landwirtschaft vor dem 1. Weltkrieg

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Die Landwirtschaft im Unterkreis Altenkirchen vor dem 1. Weltkrieg

Zusammengestellt von Dr. Eberhard Blohm - gekürzte Bearbeitung von Franz Hanrath 1922 - Copyright Eberhard Blohm


Der nachfolgende Text stellt eine Auswahl aus der unveröffentlichten Doktorarbeit von Franz Hanrath dar, die er 1922 an der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn vorlegte. Sie ist die erste mit wissenschaftlichen Methoden seiner Zeit erstellte Arbeit zur Landwirtschaft des Kreises Altenkirchen. Sie beruht auf z.T. unveröffentlichtem Datenmaterial.

Der Text wird in neuer Rechtschreibung präsentiert. Handschriftliche Korrekturen wurden eingearbeitet. Die Textgliederung wurde zur besseren Übersichtlichkeit verstärkt. In Klammern geschriebene Worte waren zur Erhöhunng der Verständlichkeit im verkürzten Text notwendig. Sie stammen vom Bearbeiter.

Franz Hanrath gliedert zunächst den Kreis in drei Zonen naturgeographisch vergleichsweise einheitlicher Produktionsbedingungen: die Ackerbauzone des Unterkreises, die Waldbauzone des industrialisierten Oberkreises und die Weidezone des Oberkreises.In der hier verkürzten Darstellung werden nur die Ergebnisse für den Unterkreis Altenkirchen berücksichtigt, der in der Stadt Altenkirchen sein ländliches Dienstleistungszentrum hatte.

(S.32/33, 35): Suchen wir nunmehr die Ergebnisse unserer Untersuchungen, die sich bisher auf jede einzelne Produktionsbedingung ohne den engeren Zusammenhang und ohne Einfügung in einen besonderen Rahmen bezogen, in ein System zu bringen, indem wir Gebiete im Kreise aufsuchen, innerhalb derer die natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im wesentlichen ähnlich sind.

Ein Gebiet, das sich im Kreise deutlich abhebt, ist der sogenannte „Unterkreis“. Hier haben wir ausgeprägte Unterschiede gegenüber der übrigen Kreisfläche in Bezug auf die Höhenlage, Oberflächengestaltung, klimatische, Bevölkerungs- und Besitzverhältnisse. (…)

  • 250 – 270 m Höhenlage
  • Die hydrographischen Verhältnisse sind überwiegend von der Wied und zahlreichen Bächen und Quellen geprägt.
  • Der auch in den größten Teilen des Oberkreises vorkommende Schiefer-verwitterungsboden liegt im Unterkreise in einer verhältnismäßig geringen Höhenlage.
  • Die Oberflächengestaltung ist hier am wenigsten zerklüftet und weist im geringsten Maße steile Hänge auf.
  • Die klimatischen Verhältnisse sind hier die mildesten innerhalb des Kreises mit 8,2 Grad Jahresdurchschnittstemperatur und 835 mm Jahresniederschlag.
  • Die Besitzverhältnisse sind im Unterkreise am günstigsten insofern, als hier der mittelbäuerliche Besitz hauptsächlich vertreten ist. (…)
  • Die Besiedlung ist im Unterkreise im Vergleiche zu weiten Gebieten des Oberkreises dünn; Industrie fehlt.
  • Daraus resultiert, dass der Absatz der Produkte nicht so günstig ist wie in den übrigen industriereichen Gebieten des Kreises.
  • In Bezug auf die Verkehrslage ist also die Stellung des Unterkreises nicht so günstig, wie es für einen großen Teil des Oberkreises der Fall ist.

(S.36): Die Zone (umfasst) das Gebiet der Bürgermeistereien Altenkirchen, Flammersfeld und Weyerbusch sowie von der Bürgermeisterei Hamm den Teil, der an den Unterkreis angrenzt, d. h. die Gemeinden Birkenbeul, Breitscheidt, Niederirsen und Unterschützen. (S.37/38): Um ein Bild zu gewinnen von der Bodennutzung in den drei Zonen unseres Kreises, wurden die Ergebnisse der Erhebungen über landwirtschaftliche Bodennutzung zu Grunde gelegt. Es war nötig, auf das diesbezügliche Material, das die einzelnen Gemeinden umfasst, zurückzugreifen und die Ergebnisse für die Gemeinden zonenweise zusammenzustellen. Der Versuch, gleichzeitig einen Überblick zu gewinnen über die Veränderungen in der Bodennutzung der letzten Jahrzehnte erwies sich als nicht vollkommen durchführbar, insofern als die Handakten über die Bodennutzungsergebnisse in den einzelnen Gemeinden nur noch aus den Jahren 1900 und 1913 vorhanden, und die aus den früheren Jahren (Bodennutzungserhebungen von Seiten des preußischen statistischen Landesamtes fanden statt in den Jahren 1878, 1883, 1900 und 1913) bereits vernichtet sind.

Tabelle (1): Bodennutzung 1900 und 1913 im Unterkreis

(S.38)

Bodennutzung 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Acker-und Gartenbau 10362 45,4 10365 45,5
Wiese 2299 10,1 2264 9,9
Weide 165 0,7 310 1,4
Forsten 9019 39,6 8911 39,1
Häuser und Hofland 243 1,1 243 1,1
Ödland 59 0,2 68 0,3
Verkehrsfläche 658 2,9 638 2,7
Gesamtfläche 22804 100,0 22799 100,0


(S.41): Wir können mithin die(se)... Zone die Ackerbauzone (des Kreises) nennen.

Tabelle (2): Land- und forstwirtschaftliche Nutzung 1900 und 1913

(S.39)

Land- und forstwirts. Bodennutzung 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Landwirtschaft 12884 56,4 13007 57,1
Forstwirtschaft 9019 39,6 8911 39,1
andere Nutzung 901 4,0 881 3,8

Tabelle (3): Kulturartenverhältnis 1900 und 1913

(S.43):

Kulturarten 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Ackerland 10206 79,2 10204 78,5
Gartenland 156 1,2 161 1,2
Wiesen 2299 17,8 2264 17,4
Weiden 223 1,8 378 2,9

Tabelle (4): Anbauverhältnisse 1900 und 1913

(S.51)


Kulturarten 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Getreide 5766 56,5 5470 53,6
Hülsenfrüchte 65 0,6 43 0,4
Hackfrüchte 2064 20,2 2385 23,8
Handelsgewächse 83 0,8 50 0,5
Futterpflanzen 1733 17,0 1946 19,0
Gründüngung 2 0,0 1 0,0
Brache 439 4,3 59 0,6
Ackerweide 54 0,5 250 2,5
gesamtes Ackerland 10206 100,0 10204 100,0


(S.54): (Im Unterkreis) beobachten wir die Erscheinung, dass in der Zeit 1900/1913 sich der Futterbau ausdehnt. Auuch an dieser Stelle erinnern wir zweckmäßig an die Entwicklung, die während der angegebenen Periode die Verbreitung der ständigen Futterflächen genommenhat.(Es) war die Entwicklung die, dass die Wiesenfläche verringert wurde, hingegen in astärkerem Maße eine Ausdehnung der Weideflächen stattfand, sodass die ständigen Futterflächen insgesamt eine Vermehrung erfuhren. Wenn nun zu dieser Vermehrung der ständigen Futterflächen noch eine Vermehrung des Feldfutterbaus tritt, so dürfen wir hieraus den Schluss ziehen, dass eine Vermehrung der Viehbestände oder eine Verbesserung der Schwere der gehaltenen Tiere stattgefunden hat.

Tabelle (5): Brache und Ackerweide 1900 und 1913

(S.56)

Kulturarten 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Brache 439 4,4 59 0,6
Ackerweide 54 0,5 250 2,5
gesamtes Ackerland 493 4,9 309 3,0


Nach meinen Beobachtungen lassen sich Brache und Ackerweide bei der Besprechung nicht voneinander trennen. Die zu brachden Ländereien bleiben nämlich, besonders wenn sie stark bewachsen sind, mitunter den Winter über liegen, werden im Frühjahr zunächst als Weide genutzt und dann in die eigentliche Brachebearbeitung genommen.

In auffallend starkem Umfange haben Brache und Ackerweide sich (im Unterkreis) gehalten.

(S.57): Unter den Getreidearten haben der Roggen und der Hafer die bei weitem stärkste Verbreitung. An allererster Stelle stehr der Hafer. Der ausgedehnte Haferbau ist in erster Linie eine Folge davon, dass der westerwälder Landwirt wegen der langen und rauhen Winter den Anbau von Winterfrucht möglichst einschränken muss. Weiter sind die ASnsprüche, die der Hafer an den Boden stellt, derart, dass er zwar auf den besten Bodenarten und in günstigen klimatischen Verhältnissen die höchsten Erträge liefert, dass er aber andererseits auf den Böden von ungünstiger Beschaffenheit und in (S.58): ungünstiger Lage noch sichere und gute Erträge erzielt. Heyn berichtet, dass der Hafer seit alten Zeiten die Hauptfrucht auf dem Westerwalde gewesen sei, Wie denn auch Haferbrei und Haferbrot die Hauptnahrung der alten Westerwälder war.

Tabelle (6): Getreidearten 1900 und 1913

(S.58)

Pflanzenart 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Winterweizen 193,2 3,3 237,9 4,3
Sommerweizen 130,5 2,3 33,9 0,6
Winterroggen 2003,8 34,8 2043,1 37,4
Sommerroggen - - 1,8 0,0
Wintergerste - - 5,2 0,1
Sommergerste 72,5 1,3 46,0 0,9
Hafer 3357,6 58,2 3101,9 56,7
Buchweizen 2,1 0,0 0,5 0,0
Menggetreide 6,2 0,1 - -
alle Getreidearten 5765,9 100,0 5470,3 100,0

Tabelle (7): Hülsenfruchtanbau 1900 und 1913

(S.61)

Pflanzenart 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Erbsen 46,0 70,6 22,2 49,2
Speisebohnen 4,2 6,4 0,4 0,9
Ackerbohnen 0,5 0,8 - -
Körnerwicken 11,0 16,9 16,6 38,5
andere Arten 3,5 5,4 4,9 11,4
alle Hülsenfrüchte 65,2 100,0 43,1 100,0


(S.62): Die Kartoffel ist zum Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung geworden.

Tabelle (8): Hackfruchtanbau 1900 und 1913

(S.63)


Hackfrüchte 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Kartoffeln 1619,9 78,5 1952,9 81,2
Futterrüben 156,9 7,6 300,7 12,6
Zuckerrüben 2,0 0,1 - -
Möhren 5,1 0,3 - -
weiße Rüben 35,9 1,7 8,9 0,4
Kohlrüben 225,9 11,1 122,7 5,1
Gemüse 14,2 0,7 - -
alle Hackfrüchte 2036,9 100,0 2385,2 100,0


(S.64): Wenn unser Kulturboden (im Unterkreis) wegen der Schwere und geringen Lockerheit und Durchlüftbarkeit, für die gerade die Kartoffel sehr dankbar ist, und wegen der mancherorts sich vorfindenden Neigung zu stauender Nässe für den Kartoffelanbau nicht so ungeeignet wäre, würde der Anteilder Kartoffelanbaufläche an der Ackerfläche vielleicht auch hier etwas größer sein als er jetzt ist.

(S.66): Während 1900 die Kohlrübe ... mehr verbreitet war als die Futterrübe (Runkelrübe), finden wir 1913 ein Vorwalten der Runkelrübe ... . Eine Umfrage bei den Landwirten über die Verbreitung der Kohlrübe bachte das Ergebnis, dass man früher allgemein die Kohlrübe als die anspruchslosere Pflanze vorgezogen habe. Aber schon bald nach den ersten Versuchendes Anbaus der Runkelrübe lernte man die Runkelrübe wegen ihres günstigeren Einflusses auf den Milchertrag der Kühe mehr schätzen als die Kohlrübe. Schwerz nennt in seiner kurzen Beschreibung der Alterkirchner Landwirtschaft 1817 den Westerwald, so wie den Hunrück die Heimat der Kohlrüben.

Tabelle (9): Handelsgewächse 1900 und 1913

(S.67)


Handelsgewächse 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Winterraps 49,6 59,7 38,8 77,6
Sommerraps 19,2 23,1 10,8 21,6
Flachs 14,3 17,2 0,4 0,8
alle Handelsgewächse 83,1 100,0 50,0 100,0

Tabelle(10): Futterpflanzen 1900 und 1913

(S.69)

Futterpflanzen 1900 1900 1913 1913
Hektar Anteil Hektar Anteil
Klee mit Luzerne 1473,7 85,0 1665,8 85,6
Luzerne 0,3 0,0 1,8 0,1
Grassaat 105,0 6,1 214,9 11,0
Wickfutter 136,9 7,9 61,2 3,2
Grünmais 1,9 0,1 - -
Mischfrucht 15,0 0,9 1,9 0,1
alle Futterpflanzen 1732,8 100,0 1945,4 100,0


(S.70): Den Hauptanteil an den angebauten Futtergewächsen haben ... Klee und Grassaat, dazu tritt mit einer bedeutenden Anbaufläche ... noch das Wickfutter. ... Dass die Luzerne, eine sehr kalkliebende Pfalnze, die dazu tiefgründigen Boden verlngt, auf unseren von Natur äußerst kalkarmen und oft flachgründigen und vor allem schweren, kalten Untergrund aufweisenden Böden nicht in nennenswerter Menge gebaut wird, ist erklärlich, ja selbstverständlich. Das Wickfutter, ein Gemenge von Hafer und Wicke, wird in der Hauptsache zur Grünfütterung angebaut, während Klee und Grassaat ziemlich regelmäßig zu einem bedeutenden Teile gemäht und zu Heu verarbeitet werden. Das Wickfutter, das sich zur Heuwerbung weniger eignet, dient diesem Zwecke nur in Notfällen.

(S.71): Wir erinnern uns nunmehr, dass (im Unterkreis) wenig ständige Futterflächen, sowohl Wiesen wie Weiden, sind, mithin eine starke Stallhaltung oder wenigstens starke Beifütterung des Viehes im Stall bei teilweisem Weidegang nötig ist; dann leuchtet ein, weswegen ... der Anbau von Wickfutter sich ausgedehnt hat. Das Wicken- und Hafergemenge dient als Grünfutter, ebenso ein Teil des reichlich angebauten Klees, der andere Teil hiervon wird zu Heu getrocknet. Bis 1913 ging das Wickgemenge zu Gunsten des Anbaus von besseren Arten Gras und Klee zurück.

Tabelle (11): Fruchtfolge im Unterkreis 1900 und 1913

(S.73)


Fruchtfolge 1900 und 1913
gedüngte Hackfrucht
Hafer
gedüngter Roggen
Klee
Hafer


(S.74): Die Fruchtfolge ... erinnert stark an die rheinische Fruchtfolge. Es besteht nur der Unterschied, dass statt des Weizens nach Hackfrucht Hafer angebaut wird. ... Man muss sich im Allgemeinen begnügen, hinter dem Wintergetreide nur den Roggen , der nur zur Bedarfsdeckung der Betriebe dient, anzubauen. Die natürlichen Produktionsbedingungen erfordern gebieterisch eine starke Betonung des Anbaus von Sommerfrüchten und zwar unter diesen den Anbau der weniger anspruchsvollen Kulturgewächse.

Tabelle (12): Entwicklung der Tierhaltung 1873, 1900, 1913

(S.96)


Tierhaltung 1873 1900 1913
Viehhalter 100,0 120,6 116,6
Pferde 100,0 92,5 95,8
Rinder 100,0 119,7 120,5
Schafe 100,0 12,5 4,0
Schweine 100,0 261,2 385,3
Ziegen 100,0 120,6 114,0
Geflügel - 100,0 170,1
Bienen 100,0 118,7 91,1


(S.97): Die Zahl der Pferde ging ...von 1873 - 1900 ziemlich bedeutend zurück. ... Auf dem Westerwalde bzw. in unserem Kreis Altenkirchen haben wir also eine Entwicklung in der Pferdehaltung, wie sie Brinkmann für die Eifel und Müller (1906) für den Hunsrück festgestellt haben und wie sie vor allem Brinkmann äußerst scharf und treffend mit folgenden Worten charakterisiert: " Zunächst hat zweifellos die fortgesetzte Teilung des Grundeigentums vielfach

(S.98): eine solche Verkleinerung der Betriebe herbeigeführt, dass die Ausnutzung der Pferdekraft nicht mehr lohnend war und die durch tierische Kraft zu leistende Arbeit zweckmäßiger den Kühen oder Ochsen überlassen wurde. Weiter haben aber auch die verbesserten Rentabilitätsbedingungen der Rindviehhaltung an sich schon dazu beigetragen, die Pferdehaltung zurückzudrängen, zumal sie begleitet waren von einer Erhöhung der Unterhaltungskosten für Pferde. Je mehr die Fleischpreise und die Haferpreise anstiegen, desto vorteilhafter wurde es für die Landwirte, an Stelle der Pferde Ochsen treten zu lassen, die nicht allein Spannarbeiten leisten, sondern auch in ihrem Wert wachsen und dabei der teuren Haferfütterung nicht bedürfen, sodass diese Frucht auf den Markt gebracht werden konnte. Eine derartige Verschiebung in den rentabilitätsbedingungen zwischen Pferde- und Ochsenhaltung ist zwar auch in anderen gegenden in die Erscheinung getreten; sie mußte indessen in der Eifel erhöhtre praktische Tragweite gewinnen, weil hier ohnehin vieles für die Ochsenhaltung spricht, vor allen der lange Winter, der für die Pferde keine genügende Beschäftigung gewährt, sowie die kleinbäuerliche Betriebsweise, die nur unvollkommene Ausnutzung der Gespannkraft ermöglicht und jede Verteuerung dieses Betriebsmittels daher doppelt empfindet. IN manchen Teile der Eifel hat die Einschränkung des früher sehr ausgedehnten Frachtgutwesens den Rückgang der Pferdehaltung mit verschuldet."

Diese Ausführungen Brinkmann können wir restlos für die Verhältnisse in unserem Kreise anwenden.


(S.100): Auch das Schwein gehört zu den "Tieren des kleinen Mannes"; jede Arbeiterfamilie, zumal wenn sie im Besitze von ein wenig Ackerland ist, mästete sich schon in der Vorkriegszeit ein oder mehrere Schweine zur Deckung des Bedarfs des Haushaltes an Speck und Fett.

In Bezug auf die Schafhaltung weist unser Kreis) dasselbe Bild auf wie die ganze Rheinprovinz, wie Preußen und as gesamte Deutsche Reich: ein rapides Sinken der Anzahl der gehaltenen Schafe. Die Hauptursache für das Zurückgehen der Schafhaltung ist in dem Sinken der Wollpreise zu suchen. Daneben wirkte ... im (Unterkreis) als besondereer Faktor mit, dass hier den Schafen infolge intensiver Ackerkultur, die die Brache verdrängte, die schnellen Stoppelsturz nach Aberntung der Felder einführte,

(S.101) ein großer Teil der ihnen früher zur Verfügung stehenden Weideflächen genommen wurde. Dann entstand nach Verbesserung der Weiden dem Schafe im Rinde ein scharfer Konkurrent.

Die Zahl des Geflügels vermehrt sich auffallenderweise in den Gebieten mit starker mittelbäuerlicher Bevölkerung stärker. Der Hauptgrund ... liegt wohl darin, dass die Auslaufmöglichkeiten für das Geflügel in .. kleinen Betrieben zu sehr beschränkt wurden.

Tabelle (13): Dichte der Tierhaltung je 100 ha genutzter Fläche 1873, 1900 und 1913

(S.102)


Tierhaltung 1873 1900 1913
Viehhalter 20,3 24,6 23,5
Pferde 2,8 2,7 2,7
Rinder 93,9 114,0 112,2
Schafe 9,0 1,1 0,4
Schweine 18,9 49,5 72,0
Ziegen 13,6 16,4 15,4
Geflügel - 273,4 460,8
Bienen 8,9 10,5 7,1


Dass die Pferdehaltung ... tatsächlich sehr gering ist, können wir .. ermessen, wenn wir uns einige Vergleichszahlen verschaffen, die uns die Dichtigkeit der Pferdehaltung in einigen anderen Landesteilen dokumentieren. So kamen auf 100 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche im Unterkreis 1913 2,7 Pferde, im ganzen Kreis Altenkirchen 3,64 Perde, im Regierungsbezirk Koblonz 6,89 Pferde, in der Rheinprovinz 12,74 Pferde und im Staate Preußen 13,25 Pferde.

(S.103): Die Dichtigkeit der Rinderhaltung zeigt ein wesentlich anderes Bild. Zum Vergleich entfallen 1913 auf den Unterkreis 112,2 Rinder auf 100 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, im Kreise Altenkirchen 102,73 Stück Rindvieh, im Regierungsbezirk Koblenz 81,34 Stück Rindvieh, in der Rheinprovinz 72,23 Stück Rindvieh und im Staate Preußen 50,46 Stück Rindvieh.

(S.118): Haben wir (im industrialisierten Oberkreis), wo die natürlichen Produktionsbedingungen für die Landwirtschaft keineswegs als günstig angesehen werden können, unter dem Einfluss einer günstigen Verkehrslage einen sehr hohen Grad der Intensität festgestellt, so beobachten wir, dass (im Unterkreis) die Gunst der natürlichen Produktionsfaktoren und der Besitzverhältnisse die Ungunst der Verkehrslage in ihrer Einwirkung auf die Betriebsintensität nicht (auszugleichen) vermag. Sowohl das Anbauverhältnis wie die im allgemeinen Gebrauch stehende Fruchtfolge lehren,dass hier der Grad der Intensität (des industrialisierten Oberkreises) nicht ganz erreicht wird.

(S.119): Was die Viehhaltung ... anbetrifft, so bietet diese auch hier das selbe bunte Bild, wie wir es (im übrigen Kreis) angetroffen haben. Das Westerwälder Vieh ist hier schon vor einigen Jahrzehnten verschwunden und heute nur in vereinzelten Exemplaren anzutreffen. Das Glanvieh, das einige Jahre vor Ausbruch

(S.120): des Krieges (im Unterkreis) fast allgemein vertreten war, wurde mehr und mehr durch schwarzbuntes und in kleinerem Maße durch rotbuntes Niederungsvieh verdrängt. Dieses Vordringen der Niederungsschläge fand am stärksten statt in der Gegen zwischen dem Siegtal und Altenkirchen, machte aber auch nicht Halt vor den mehr abseits gelegenen Gebieten der Bürgermeistereien Flammersfeld und Weyerbusch.

Wenn hier eine Differenzierung zwischen den einzelnen Teilen (des Unterkreises) vorgenommen wird, so geschieht das aus folgendem Grunde. Die Gebiete zwischen Sieg und Altenkirchen kommen zum Teil für die Milchversorgung der Stadt Altenkirchen und der Industrieorte an der Sieg in Frage, und für sie hat der Wechsel in der Rasse, der mit einem Wechsel in der Nutzungsrichtung innerlich verknüpft ist, eine gewisse Berechtigung. Früher fand ausschließlich Butterproduktion statt; mit Rücksicht auf diese Verwertung der Milch war das Höhenvieh mit seiner der Menge nach geringen, doch in Bezug auf Fettgehalt guten Milchleistung das geeignetste. Heute glaubt man mit der Haltung von Niederungsvieh im Hinblick auf die Milchverwertung durch Frischmilchverkauf besser zu fahren.


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